Samstag, 27. April 2013

Naturkunde/Alchymie

Was versteht der westliche Mensch heutzutage noch von Naturkunde, Naturmedizin, Spagyrik, Ayurveda (Ayus - Leben und Veda - Wissen)? Ehrlich gesagt, nicht mehr so viel wie noch zahlreiche Kundige in Asien oder Afrika.

Der geistige Materialismus, welcher schon von den pragmatisch orientierten Römern gepflegt und verteidigt wurde (Senecas Aussage, dass das Wissen nur da sei um Geld zu verdienen, Weisheit aber fürs Leben ist, untermauert die eher nüchterne Einstellung der Römer zu Mensch und Natur.) fand einen vorläufigen Höhepunkt im 19. Jhdt. mit der Aussage des sogenannten Gründers der Zellpathologie Virchow, der behauptete jede Zelle des Menschen untersucht, aber dabei keine Seele gefunden zu haben. Solche und ähnliche Aussagen beeinflussen bis in unsere Tage den Zeitgeist und erschweren dem Suchenden den Weg zu tieferen Naturerkenntnis.

Schon Paracelsus beklagte sich nicht selten über das große Unwissen der zeitgenössischen Heilkundigen und bediente sich dabei einer für heutige Verhältnisse eher groben Ausdrucksweise, die - in unsere Zeitepoche übertragen - ein Heer von Anwälten beschäftigen würde. Paracelsus war in seiner Jugend recht reisefreudig und brachte alte Naturkenntnisse und vergessene Rezepturen aus Asien, dem Orient oder Nordafrika wieder nach Europa. Andere folgten seinem Beispiel und bereicherten unseren Kulturkreis bis ins späte 18. Jhd.

Auch z.B. Goethe betrieb bekanntermaßen intensive Naturbeobachtungen, auch die Alchymie begeisterte des jungen Goethe. Er beschäftigte sich ca. ein Jahr lang intensiv mit alchymistischen Studien, gab sie dann aber auf, weil sie sich ihm nicht genügend erschlossen. Diese Aufgabe bedauerte er bis zu seinem Lebensende. In seinem Faust blitzen einige chymische Naturkenntnisse auf ...

Geheimnisvoll, am lichten Tag,
läßt sich Natur des Schleiers nicht berauben,
und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,
das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben
Quelle Faust 1 Nacht

Alexander von Bernus beschreibt Goethes Interesse für die Alchymie, ausgelöst vielleicht durch ein Erlebnis in der Kindheit, recht anschaulich in seinem Werk „Alchymie und Heilkunst“. Er gehörte im 20. Jhd zu den bekanntesten Vertretern der Alchymie (Spagyrik) und intertradionalen Naturkunde in Europa, und gründete ein Labor für spagyrische Arzneien.

Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophischen Gesellschaft, beauftragte Bernus, einige wertvolle und fast vergessene spagyrische Heilmittel herzustellen. Der frühe Tod Rudolf Steiners und andere Ereignisse verhinderten eine längere und fruchtbare Zusammenarbeit mit Bernus. Die anthroposophische Medizin ging ihre eigenen Wege, und kann mit der zeitlosen intertradionellen Naturkunde, wie sie Bernus oder Paracelsus betrieben, nur bedingt verglichen werden.

Die Jünger der neoesoterischen Naturkunde können nicht ernst genommen werden, weil sie die anspruchsvolle Vita der Kundigen wie Paracelsus und Agricola und eine lange und aufwendige Ausbildung, wie sie z.B. von den keltischen Druiden gefordert wurde (Ausbildung 20-30 Jahre und nur mündlicher Unterricht), eher davon abhält, selbst tiefer in die Geheimnisse der Natur einzutauchen.

Doch gab und gibt es wieder in unserer westlichen Welt Kundige, die im engen Austausch
mit den alten Kulturen in Indien, der Mongolei, Tibet oder auch in Lateinamerika stehen. Peter Hochmeier gehört zu den wenigen Kundigen in unserem Sprachraum, die z.B die Werke von Paracelsus und Agricola nicht nur lesen, sondern auch verstehen und spagyrische Rezepturen kunstvoll und getreu herstellen können. Sehr lesenswert und anspruchsvoll sind u.a. seine Bücher „Der Weg des Sonnenfunkens“ und „Die Bedeutung von Spagyrik und Alchymie in der Naturheilkunde“.

Nun möchte ich diesen Beitrag beenden und verbleibe
mit freundlichen Grüssen an alle Leser.

Servus bis bald

Gregory Richter