Was versteht der westliche Mensch heutzutage noch von Naturkunde, Naturmedizin, Spagyrik, Ayurveda
(Ayus - Leben und Veda - Wissen)? Ehrlich gesagt,
nicht mehr so viel wie noch zahlreiche Kundige in Asien oder Afrika.
Der geistige Materialismus, welcher
schon von den pragmatisch orientierten Römern gepflegt und
verteidigt wurde (Senecas Aussage, dass das Wissen nur da sei um Geld
zu verdienen, Weisheit aber fürs Leben ist, untermauert die eher
nüchterne Einstellung der Römer zu Mensch und Natur.) fand einen
vorläufigen Höhepunkt im 19. Jhdt. mit der Aussage des sogenannten
Gründers der Zellpathologie Virchow, der behauptete jede Zelle des
Menschen untersucht, aber dabei keine Seele gefunden zu haben. Solche
und ähnliche Aussagen beeinflussen bis in unsere Tage den Zeitgeist
und erschweren dem Suchenden den Weg zu tieferen Naturerkenntnis.
Schon Paracelsus beklagte sich
nicht selten über das große Unwissen der zeitgenössischen
Heilkundigen und bediente sich dabei einer für heutige Verhältnisse
eher groben Ausdrucksweise, die - in unsere Zeitepoche übertragen
- ein Heer von Anwälten beschäftigen würde. Paracelsus war in
seiner Jugend recht reisefreudig und brachte alte Naturkenntnisse und
vergessene Rezepturen aus Asien, dem Orient oder Nordafrika wieder
nach Europa. Andere folgten seinem Beispiel und bereicherten unseren
Kulturkreis bis ins späte 18. Jhd.
Auch z.B. Goethe betrieb
bekanntermaßen intensive Naturbeobachtungen, auch
die Alchymie begeisterte des jungen Goethe. Er beschäftigte sich ca.
ein Jahr lang intensiv mit alchymistischen Studien, gab sie dann aber
auf, weil sie sich ihm nicht genügend erschlossen. Diese Aufgabe
bedauerte er bis zu seinem Lebensende. In seinem Faust blitzen einige
chymische Naturkenntnisse auf ...
Geheimnisvoll, am lichten Tag,
läßt sich Natur des Schleiers nicht
berauben,
und was sie deinem Geist nicht
offenbaren mag,
das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln
und mit Schrauben
Quelle Faust 1 Nacht
Alexander von Bernus beschreibt
Goethes Interesse für die Alchymie, ausgelöst vielleicht durch ein
Erlebnis in der Kindheit, recht anschaulich in seinem Werk „Alchymie
und Heilkunst“. Er gehörte im 20. Jhd zu den bekanntesten
Vertretern der Alchymie (Spagyrik) und intertradionalen Naturkunde in
Europa, und gründete ein Labor für spagyrische Arzneien.
Rudolf Steiner, der Begründer
der Anthroposophischen Gesellschaft, beauftragte Bernus, einige
wertvolle und fast vergessene spagyrische Heilmittel herzustellen.
Der frühe Tod Rudolf Steiners und andere Ereignisse verhinderten
eine längere und fruchtbare Zusammenarbeit mit Bernus. Die
anthroposophische Medizin ging ihre eigenen Wege, und kann mit der
zeitlosen intertradionellen Naturkunde, wie sie Bernus oder
Paracelsus betrieben, nur bedingt verglichen werden.
Die Jünger der neoesoterischen
Naturkunde können nicht ernst genommen werden, weil sie die
anspruchsvolle Vita der Kundigen wie Paracelsus und Agricola und eine
lange und aufwendige Ausbildung, wie sie z.B. von den keltischen Druiden gefordert wurde (Ausbildung
20-30 Jahre und nur mündlicher Unterricht), eher davon abhält,
selbst tiefer in die Geheimnisse der Natur einzutauchen.
Doch gab und gibt es wieder in unserer
westlichen Welt Kundige, die im engen Austausch
mit den alten Kulturen in Indien,
der Mongolei, Tibet oder auch in Lateinamerika stehen. Peter Hochmeier
gehört zu den wenigen Kundigen in unserem Sprachraum, die z.B die
Werke von Paracelsus und Agricola
nicht nur lesen, sondern auch verstehen und spagyrische
Rezepturen kunstvoll und getreu herstellen können. Sehr lesenswert
und anspruchsvoll sind u.a. seine Bücher „Der
Weg des Sonnenfunkens“ und „Die Bedeutung von Spagyrik und
Alchymie in der Naturheilkunde“.
Nun möchte ich
diesen Beitrag beenden und verbleibe
mit freundlichen
Grüssen an alle Leser.
Servus bis bald
Gregory Richter